Samstag, 3. März 2012

Ein Liebesgeständnis

Vor ca. 6 Monaten, als klar wurde, dass Freundinnen von mir ähnlich wie ich sich daran machen Berlin zu verlassen, wollte ich einer von ihnen gerne eine Erinnerung an die Stadt schenken in der wir so viele Jahre verbracht hatten. Berlin selber war mir zu dem Zeitpunkt eigentlich recht egal, weil ich das Heimweh längst überwunden und erkannt hatte, dass die Stadt nichts ohne ihre Menschen ist. Aber irgendwie passte es und weil es damals schon vom ersten Gedanken an ein Poster werden sollte, quasi als Einweihungsgeschenk, war mir auch klar, dass ich mich nach Herzenslust austoben kann, ohne wie bei einer Postkarte im Platz beschränkt zu sein. Denn ich zeichne Poster bisher immer auf A4 Papier, scanne sie dann extrem hochauflösend ein (1200 oder 2400 DPI) und kann sie dann ohne Probleme ausdrucken lassen. Sofern der arme PC des Druckers das mitmacht.

Also machte ich mich an die Idee, die von Anfang an da war: Der Kopf eines Mädchens, auf die absolut nötigsten Linien reduziert, gefüllt mit detaillierten, sich überlappenden und überschneidenden Bildern von Berliner Sehenswürdigkeiten und Dingen, die zu der Stadt gehören. Zuerst wurde das Mädchen gezeichnet und stilisiert, was recht knifflig war, weil Details oftmals mit einem einzigen Strich dargestellt werden können. Wenn man ihn an der richtigen Stelle in der richtigen Größe zeichnet. Danach wurden die Sehenswürdigkeiten im Internet gesucht, eine Liste aller möglichen Objekte erstellt und dann überlegt, was wirklich wichtig ist. Dabei bin ich zugegebener Weise auch nach eigenen Vorlieben vorgegangen, denn der Funkturm in Westberlin wird wohl wenigen als wirkliches Wahrzeichen im Kopf hängen bleiben, wenn man ihn mit dem Fernsehturm vergleicht. Aber mir war er wichtig. Am Ende wurden irgendwie, ohne dass ich heute noch sagen kann wie, 12 Objekte ausgewählt, die ich im Bild haben wollte und die ich dann alle erst einmal so vorzeichnete, um den Aufwand abschätzen zu können. Für die Anordnung zeichnete ich den Mädchenkopf noch einmal, zeichnete Objekte grob rein, radierte sie weg, ordnete neu an, radierte wieder weg, ordnete nochmal neu an, radierte wieder und so weiter, bis es irgendwann einen Sinn machte. Wichtig war mir, dass möglichst viel Platz innerhalb des Kopf gefüllt ist und kein Objekt in einen toten Winkel gerät, während ein anderes zu präsent im Bild ist, weswegen ich die Türme auch alle eher an den Rand verbannt habe.

Danach folgte dann ein schier endloses Vorzeichnen, gefolgt vom endgültigen Festlegen der Linien mit Fineliner und dem abschließenden Nachziehen aller Linien mit Pinsel und Tusche. Danach, um mich mal kürzer zu fassen, wurde das ganze dann noch in Grautönen ausgemalt, wobei die Töne nicht realitätsnah gesetzt wurden, sondern so, dass zwischen benachbarten Gebäuden ein gewisser Kontrast besteht, damit man sie leichter unterscheiden kann. Das Herz unten im Bild sollte als einziges und gut übersehbar rot sein, denn so ist das mit der Liebe zu Städten. zwischen all dem Fluchen und Jammern über die Mitmenschen und den Nahverkehr und die Steuern und die Kriminalität und die guten alten Zeiten, die einfach weg sind, will man dann in stillen Momenten trotzdem meistens nicht woanders leben. Egal um welche Stadt es geht. Und obwohl ich mir immer noch sicher bin, dass Berlin mir ohne die Menschen, die ich dort kenne am A*sch vorbeigehen würde, muss ich doch zugestehen, dass es trotz aller Freunde in der Stadt eben doch auch die Wahrzeichen sind, die der Stadt ein Gesicht verpassen.



Und deswegen ist das hier ein kleines Liebesgeständnis an die Stadt, in der ich 30 Jahre gelebt habe. Die ich 1000 mal verflucht und die mir eben so oft ins Auge gespuckt hat und von der ich immer gesagt habe, dass sie mal einen Grabstein mit meinem Namen in ihren Händen halten wird. Du mieses Miststück! Keine Ahnung, ob ich je wieder in dir leben werde. Aber wenn dann freue ich mich jetzt schon darauf.

Mehr gibt es nicht zu sagen. Habt einen tollen Samstag, egal wo Ihr lebt,

Robert
P.S.: Wer das Bild erst anklickt und damit vergrößert und es dann auf dem eigenen PC speichert, kann besser und weiter ranzoomen. Ich hab darauf geachtet, dass bei der Version hier im Netz alles erkennbar ist.

P.P.S: Aufgrund der massiven Arbeit und der 4fachen Größe zählt das Bild mehrfach. Ätsch!

6 Kommentare:

  1. Wow! Total klasse geworden!! :)
    LG,
    Julia K.

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  2. Eine wirlich GROßARTIGE Arbeit.
    Mit diesem Poster kannst Du Geld verdienen.
    Ich bin mächtig stolz auf Dich und Dein Talent

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  3. Danke auch hier noch einmal für die Komplimente. :-)

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  4. Wow..... Bin echt begeistert. Sollte es je mal gedruckt und verkauft werden - ich nehme eins. Mach weiter so.
    LG aus der Heimatstadt
    Bettina

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    1. Dem kann ich mich nur anschließen! Das ist großartig!!
      Und: Ich nehm auch eins!! Gerne auch vom Künstler handsigniert! ;o)

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