Montag, 19. April 2010

Tag 49 – Irisch Daten für Dummies

Die amerikanische Fernsehserie „How I met your Mother“ zeigt in bisher 5 Staffeln die Ereignisse, die dazu führen, dass der Protagonist letztlich die Mutter seiner Kinder trifft. Dabei befasst sich jeder Staffel mit einem Jahr im Leben der Hauptdarsteller und man kann also sagen, dass das ganze recht umfassend erklärt und ausgeschmückt wird.

Würde nun ein geistesgestörter Drehbuchautor versuchen, eine irische Version der Serie zu kreieren und einen sehr geisteskranken Produzenten finden, der ihm das geschriebene finanziert, würde die Serie vermutlich ziemlich genau 5 Folgen haben und damit mit 2 Stunden Gesamtlaufzeit ein recht guter Spielfilm werden, der in 5 Teile unterteilt werden kann:

Teil 1 – Die Vorbereitung

In Irland wird gerade am Wochenende schnell gelebt und Nägel werden prinzipiell nur mit Köpfen gemacht. Wer ausgeht, will nicht alleine bleiben und wer es doch bleibt, will sich daran hinterher nicht mehr erinnern können, damit er oder sie sich vorstellen kann, doch Erfolg gehabt zu haben. Um diesen Fall aber schon im Vorfeld weitestgehend ausschließen zu können, befasst man sich im ersten Teil massiv mit dem Vorgang des „aufbretzelns“, bei dem sich blonde Frauen in Barbies, brünette Frauen in Petras und alle anderen in verschiedene Derivate der beiden erstgenannten Damen verwandeln. Hierzu wird fast immer das tief ausgeschnittene recht kurze einteilige Kleid und eine optionale Strumpfhose benötigt – eine Kombination, die bei Frauen, die Kleidergröße 46 tragen müssten und sich lieber in die 40 quälen recht interessante Dinge anstellt. Oben drauf kommt neben modischen Accessoires noch Haarspray, Deo, Parfüm, Makeup in verschiedenen Variationen, wobei hier nicht immer weniger mehr ist. Man hat ja nur den einen Samstag so richtig Zeit in der Woche und da werden keine halben Sachen gemacht. Schade eigentlich.

Bei der männlichen Bevölkerung läuft das mit der Vorbereitung einen Zacken anders. Sie müssen sich am entsprechenden Abend zwar nur geduscht in saubere Kleidung werfen (Jeans und T-Shirt reichen vollkommen), müssen dafür aber den entsprechenden Körper mitbringen. Dicke Iren sind selten, und wenn sie doch etwas mehr als der Durchschnitt wiegen, sind sie im Schnitt seit über 20 Jahren verheiratet. Der Rest ist schlank und kann als Bonus optional mit Tätowierungen, Waschbrettbauch oder stattlichen Oberarmen protzen.

Teil 2 – Das Warmlaufen

Entsprechend vorbereitet stapft oder stöckelt man in das Balzrevier seiner Wahl und beginnt sofort mit der rigorosen Druckbetankung. Die Sperrstunde sorgt dafür dass es alles in allem etwas früher und etwas schneller zur Sache gehen muss, so dass ab 22 Uhr das Partyleben schon am kochen ist (eigentlich recht praktisch, denn so toll finde ich es in Deutschland nicht immer erst bis 01:00 Uhr warten zu müssen, bis sich die Massen mal in den Club bewegen. Zumal alle nur so spät kommen, weil die anderen ja auch erst so spät kommen). In dieser frühen Phase finden die ersten Glücklichen schon den Partner für die Nacht (man sucht eher selten etwas längerfristiges), während die ersten Unglücklichen sich bereits mit einem zu schnellen Genuss alkoholhaltiger Getränke ins Aus befördern. Der restliche Großteil jedoch pusht systematisch die Stimmung im Raum und wartet auf Phase 3.

Teil 3 – Die Balz

Wer es bis hierhin geschafft hat ist dabei. Mir wurde ja diverse mal prophezeit, dass sich mir recht bald ein irisches Mädchen an den Hals werfen würde und nun weiß ich seit gestern auch, dass so etwas in der Tat recht einfach passieren kann. Zumindest am Wochenende während der Balz. Dabei hat die Emanzipation an dieser Stelle erstaunliche Fortschritte gemacht und wie es scheint ist sich niemand zu fein, die Person der engeren Wahl direkt anzusprechen. Knappe 4 Sekunden Blickkontakt und durchgehendes Lächeln reichen meiner Erfahrung nach um ein Gespräch zu beginnen. Was dann aber für nicht Iren fast automatisch zum Scheitern verurteilt ist. Die Musik in den meisten Pubs, die gleichzeitig auch Disko sind ist entsprechend laut und man verständigt sich in dem man sich aus nächster Nähe ins Ohr schreit, was aber auch dann nicht zwingend dazu führt, dass man sein Gegenüber versteht. Es gibt auch ruhigere Läden, in denen man sich unterhalten kann, aber hier ist das Partyleben dann auch entsprechend gedämpfter und die Balz erinnert wenn überhaupt existent eher an das Leben in Deutschland: 30 Minuten gucken, 30 Sekunden Eroberungsversuch, 3 Minuten Suche nach dem nächsten Ziel. Die Balz selber endet mit der Sperrstunde und wer bis dahin nichts gefunden hat, geht wohl oder übel noch zur nächsten Tanke, um die Erinnerung an den Abend zu vernichten, wobei das vermutlich auch diversen erfolgreichen Paaren passiert.

Teil 4 – Der Höhepunkt der Jagd

Hier geht es wohl primär um den schlüpfrigen Teil des Abends, der eigentlich nicht weiter erläutert werden muss. Man lebt und liebt die Beute des erfolgreichen Feldzuges und versucht universellen Einklang mit dem Universum zu erhalten, indem man sich ganz auf den Augenblick konzentriert (was bei dem Pegel einiger Teilnehmer auch nötig ist) und Vergangenheit und Zukunft ins Nebenzimmer schickt. Oder in Richtung der nächsten nachts geschlossenen Apotheke, in der man die Kondome zu ihrer eigenen Sicherheit gelassen hat, damit die Dinger auch ja nicht schlecht werden. Dort angekommen warten Vergangenheit und Zukunft entspannt auf ihren Auftritt im fünften und letzten Teil. Wer übrigens alleine geblieben ist, beginnt zu diesem Teil mit den ersten regenerativen Maßnahmen, um in der kommenden Woche wieder fit für die Jagd zu sein.

Teil 5 – Game Over. Continue?

Hier entscheidet sich alles. Durchschnittliche 20 – 150 Millionen Schwimmer haben sich im Laufe der Nacht auf den Weg zum Eileiter gemacht (von denen übrigens nur wenige Hundert am Ziel ankommen – schon gewusst?) um dort, so hoffen sie zumindest, das bereite Ei zu finden, mit dem zumeist einer von ihnen vielleicht fleißig Zellteilung spielen darf. Dieser uns allen bekannte Vorgang entscheidet maßgeblich darüber, ob man seine(n) Ehefrau/-mann gefunden hat, mit der man die 5 Minuten Spaß jetzt für die nächsten 18 Jahre ausbadet, denn Abtreibung ist in Irland nach wie vor verboten und nach Großbritannien fahren, um die Folge da beseitigen zu lassen übersteigt hin und wieder finanzielle Rahmen und Schamgrenzen.

So wurde mir der Vorgang gerade erst heute noch einmal in etwas kürzer erklärt und nach dem was ich so mitbekommen habe, scheint es auch irgendwie zu stimmen. Ich hätte es gerne etwas romantischer ausgeführt und natürlich wird man in Irland auch echte Liebe finden. Aber eine Menge irischer Kinder werden sich wohl nie nach der Geschichte ihrer Zeugung erkundigen und wenn doch, dann vermutlich einen schnellen Themenwechsel, ohne richtige Antworten erleben. Andere Länder, andere Sitten. Wenigstens kann man gegen 22 Uhr schon toll tanzen gehen :-)

Das war’s soweit für heute von mir. Postkarte #005 ist fertig und wird zusammen mit #004 Eingeworfen und Dienstagnacht hier veröffentlicht, womit ich dann wieder im Rhythmus bin. Das Leben geht hier ansonsten seinen gewohnten Gang weiter, außer dass ich jetzt für 6 Wochen eine Untermieterin oder WG Mitbewohnerin habe. Aber darüber rede ich sadistischer Weise erst morgen.

Habt bis dahin noch einen schönen Montag und genießt den Frühling nach dem langen Winter,

Robert ist raus.

2 Kommentare:

  1. Was allerdings unter den Jugendlichen vor Ort auch ziemlich weit oben auf der Skala steht ist die "Pille danach".
    Ich weiß nicht wies in Irland ist, aber in England gibt es die ohne Rezept und am Montag morgen gibt es einen regelrechten Hype darauf. Auch die Wartezimmer der Frauenärzte sind voll.
    Was man nicht alles durchs Fernsehen erfährt?!

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  2. Zählt zum Thema Abtreibung, damit böse und raus, soweit ich weiß.

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