Donnerstag, 29. April 2010

Tag 59 – Ein Blick zurück

Jetzt ist es also soweit. Ich sitze zum letzten mal vor dem Abflug am Bildschirm und irgendwie dachte ich mir, dass es ganz sinnvoll sein könnte, ein letztes mal vor dem Abflug das eine oder andere aufzuschreiben, denn bis ich wieder in Cork bin, wird es keinen weiteren Eintrag geben. In weniger als 13 Stunden befinde ich mich wieder an dem Ort, den ich auch nach 2 Monaten immer noch unwillkürlich als „Zuhause“ bezeichne und gerade erfasst mich zum ersten mal eine gewisse Unruhe.

Dabei ist eigentlich alles vorbereitet. Die Tasche ist gepackt, die Tickets liegen bereit, die Busstrecke ist geplant und gesucht und wird morgen so früh aufgesucht, dass da einfach nichts schief gehen kann. Besonders da ich eh nicht mit den öffentlichen Bussen sondern mit einem Privatunternehmen fahre. Corks normale Busse fahren so früh morgens noch gar nicht und zu spät kommen ist dieses mal keine Option mit der ich leben möchte. Schlaf fällt diese Nacht wohl aus, was auch in Ordnung ist, da mir fliegen eh nicht mehr so viel gibt und ich die Zeit dann auch schlafend verbringen kann. Julia wurde instruiert meine Besitztümer, die sie alle veruntreuen will, während ich weg bin zu einem guten Preis zu verkaufen. Mit dem Geld, das sie da rausschlägt kann sie dann vermutlich bestimmt 3 Abende in einem der Pubs verbringen. 4 wenn sie hin und wieder Wasser bestellt. ;-)

Sind es wirklich schon 2 Monate? Ich erinnere mich gerade an meinen ersten Tag in Irland. Den Flug, die Fahrt, das Hotelzimmer und an die Gedanken, die mir so in den Kopf schossen, als ich meine Taschen auf das Hotelbett warf. Wenn man sich an einem fremden Ort befindet, an dem man wegen des noch vorherrschenden Heimwehs nicht sein möchte und dann einsehen muss, dass es jetzt wohl erstmal kein zurück mehr gibt, trifft einen die Erkenntnis mit einer gewissen Wucht und ich weiß noch, dass ich damals überlegt habe, ob es sich so wohl anfüllt, wenn man ins Gefängnis muss. Mir war und ist natürlich bewusst, dass es zwischen den Lebenssituationen der Einwohner von Sing Sing und Corks neuestem Einwanderer einen himmelweiten Unterschied gibt, aber der Gedanke drängte sich halt auf und nun schreibe ich ihn endlich auf und mache ihn publik. Auch für solche Situationen schrieb und schreibe ich den Blog. Er war natürlich in erster Linie immer als digitales Lebenszeichen gedacht und ein wenig auch als Reisedokumentation, obwohl ich ja eigentlich gar keine Reise mache. Aber insgeheim war er auch ein Tagebuch für mich alleine, in dem ich bestimmte Gefühlsregungen der ersten Augenblicke einfangen wollte, um mich an diese erinnern zu können, wenn sie einmal mein Gedächtnis verlassen sollten. Und obwohl ich hier öfter gejammert habe als es mir lieb ist und es in der Tat ein recht harter Start in dieses zweite Leben war, gab und gibt es doch auch viele Augenblicke in denen ich mich hier sehr wohl fühle. Meistens im Büro, denn mir ist heute mal wieder aufgefallen wie oft ich breit grinsend im Büro sitze und mit den Spielern chatte und wie oft ich mit den Kollegen über irgendwelchen Unsinn lache. Berlin verlassen wird nie meine erste Wahl gewesen sein, aber der Grund ist auch nach 2 Monaten immer noch sehr gut und ich hoffe, dass sich hier alles so entwickelt, wie ich es mir ausgemalt habe, nämlich zu einem Grundstein der eines Tages auf die oftmals belächelte Insel mit einem „i“ am Ende (nicht am Anfang) des Namens führt. In dieser Hinsicht bleibt das Leben weiterhin spannend.

Was den Rest angeht bin ich optimistisch. Es wird sich finden. Der kleine Zettel, den ich im letzten Sommer aus einem Glückskeks gepuhlt habe befindet sich immer noch zwischen meinen Zeichensachen die gerade, von allen Zirkeln und Skalpell-Klingen befreit, in meinem Rucksack liegen und noch immer verkündet er die universelle Motto „Sie bleiben unerschütterlich gelassen“. Es gibt vermutlich bessere Texte, die man finden kann, aber auch sehr viele schlechtere und ich mag ihn sehr gerne, wegen dem was er aussagt und dem was an ihm hängt.

Und das war eigentlich auch schon alles, was mir so in den letzten 30 Minuten durch den Kopf ging und das ich für teilenswert erachtet habe. Eigentlich wollte ich hier gestern schon die sechste Karte ins Netz stellen, denn die Post liefert nun wieder innerhalb von 2 Tagen, aber irgendwie kam ich in den letzten Tagen nicht dazu. Der Kopf war irgendwie immer woanders. Meistens ca. 1420 Kilometer weiter ost-süd-östlich. Ich reiche sie nächste Woche aber nach, Versprochen.

Mit diesem Versprechen verabschiede ich mich für die nächsten Tage und freue mich darauf so viele wie möglich von euch bald wieder live und in Farbe zu sehen. Habt bis dahin eine schöne Zeit und vielleicht stelle ich Dienstagnacht dann auch mal ein paar Bilder von meinem Urlaub ins Internet. ;-)

Robert ist raus (aber auf dem Weg nach drinnen).

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