Donnerstag, 10. Februar 2011

Tag 339 – Ein erster Reisebericht

Hier ist er also. Recht schnell, direkt und ohne Umschweife, weil es nun doch schon so einiges zu erzählen gibt und ich gerne unter 2 A4 Seiten bleiben möchte. Deswegen geht es jetzt los. :-)

Tag 0: Die Hinreise

Es gibt verschiedene Arten von Unwohlsein bei Flügen. Während viele Menschen nahezu alles, was in der Luft passiert mit gleichmütiger Gelassenheit hinnehmen und sich wahre Phobiker einfach von Flugzeugen fernhalten, gehöre ich zu den Menschen, die sich irgendwo dazwischen befinden. Ich habe keine Angst vor dem Fliegen. Es ist eine recht schnelle und statistisch gesehen verdammt sichere Art des Reisens, die physikalisch so erklärt wird: Die Flügel eines Flugzeuges sind auf der Oberseite gewölbt und unten glatt. Schiebt man den Flügel jetzt durch die Luft, ist die Luft, die über ihn streicht schneller, als die unter ihm hinweg streichende. Ein Unterdruck entsteht und dieser saugt die Flügel und das zwischen ihnen hängende Flugzeug nach oben. Bernoulli hat’s 1738 rausbekommen und seitdem arbeiten Menschen daran, das ganze immer höher, schneller und weiter kommen zu lassen. Zumeist mit Erfolg und sicherer scheint es auch immer wieder zu werden, weswegen ich mich ohne Herzklopfen, weiche Knie oder schwitzende Hände zu meinem Sitz begeben kann.

Unbehaglich ist es mir aber trotzdem. Ein interessantes Mittel dagegen: Die Nacht davor einfach nicht schlafen, denn dann kann einem sogar die schlimmste Turbulenz nichts mehr anhaben, weil man einfach zu müde ist und lieber weiter schläft, als sich dumme Gedanken zu machen. So habe ich es bei dieser Hinreise dann auch gemacht und herrliche 3 Stunden im Flugzeug gedöst, denn der Flug ging 4 Stunden lang und wäre sonst auch recht langweilig gewesen.

In Lanzarote angekommen, waren die Schilder am Flughafen der erste Kulturschock. Wenn man in den 4 Urlauben zuvor jedes mal nach Deutschland geflogen ist, muss man sich beim fünften mal, wenn es dann mal woanders hingeht, schon mal bewusst sagen, dass man nicht in Schönefeld landen wird. Umso seltsamer ist es dann, wenn der Text oben auf jedem Schild erst in Deutsch, dann in Englisch und dann in Spanisch geschrieben steht. In Irland findet man Englisch und Gälisch und das war es dann auch. Wer das nicht kann, hat an vielen Stellen Pech gehabt und auch wenn bestimmte Inseln im Meer wie weitere Bundesländer Deutschlands gehandelt werden, ist das noch kein Grund sie vor Ort so gnadenlos einzudeutschen. Zumindest nicht an oberster Stelle.

Entschädigt wurde ich dann aber mit Sonnenschein, einem blauen Himmel und einer zunächst merkwürdig anmutenden Landschaft. Mit den kahlen kleinen Hügeln in Backsteinrot und Braun, die sich überall auf der Insel auftun, wirkt die Landschaft zuerst so, als wäre man auf einer gigantischen Baustelle gelandet, auf der alle Bagger und Kräne mitten in der Arbeit entfernt worden wären. Das Klima ist bis auf einige wenige Monate trocken, Vulkane und ihre Kombination aus brennendem Gestein und Asche, haben noch vor wenigen hundert Jahren einen Großteil der Vegetation ausgelöscht, die sich besonders im Süden der Insel davon kaum erholt hat und riesige Felder aus verworfenem, zerrissenem und scharfkantigem toten Gestein wirken karg, und leblos. Das ganze wird Geologen vermutlich ein wenig feucht im Schritt machen, ich selber musste mich daran aber erst gewöhnen, trotz der allgemeinen Schönheit, die so ein Fleck unberührter „Erde“ ausstrahlt. Ich mag Pflanzen und grüne Flächen, was sich auch gut mit meinem Leben in Irland verträgt und ihre mangelhafte Anwesenheit hat mich in den ersten Tagen ein wenig beschäftigt. Aber zuerst einmal gab es ja das tolle Wetter und nach fast 2 Jahren ein Wiedersehen mit meiner Mutter, was schon toll genug war. Zusammen ging es erst einmal in ein kleines Café in dem dann auch die ersten Bilder vom Meer geschossen wurden, das ich erst jetzt, sitzend mit einem Kaffee in der Hand, zum ersten mal richtig wahrnehmen konnte.

Viel mehr geschah an dem Tag auch nicht. Bis Mitternacht kämpfte ich auf der Couch im Haus meiner Mutter einen aussichtslosen Kampf gegen den Schlaf, bevor ich mich ins Bett verzog und direkt in der ersten Runde K.O. ging.

Tag 1: Timanfaya Nationalpark, El Golfo und die Teufelshöhlen.

Frisch ausgeruht ging es gleich in die vollen und in den Nationalpark der Insel. Dieser ist ein von Vulkanen übersätes Gebiet, das gleich mal klar stellt, wie weit man den Begriff „Park“ ausdehnen kann. Für mich waren Parks bisher immer mit Wiesen, Büschen, Bäumen, Kleintieren, sprich: Leben verbunden. In Timanfaya ist kaum etwas davon vorhanden und wenn doch, versteckt es sich außerordentlich gut. Trotzdem ist das Gebiet komplett geschützt und der einzige Weg es zu betreten ist eine Bustour, bei der man aus dem Fenster gucken und Bilder machen kann, während Tonbänder auf Deutsch, Englisch und Spanisch über die Geschichte der Gegend und der Insel berichten. Klingt nicht spannend, ist in seiner Umsetzung aber ein guter Kompromiss. Durch scharfkantiges Geröll kriechen ist eh nur halb so amüsant, wie es zunächst klingt und wenn man den Kampf für den Individualismus in so einem Moment einmal aufgibt und sich einfach nur brav einreiht, wird man fast automatisch zu einem langweiligen aber sehr angenehmen Touristen, der mal nichts kaputt macht. Die Natur sagt „Danke“.

Nach diesem ersten Trip ging es direkt weiter an den Strand, der „El Golfo“ genannt wird, ein sehr hübsches Stück Strand mit schwarzem Sand, der von Millionen kleine grünen Halbedelsteinen durchsetzt ist, die im richtigen Licht wohl unglaublich schön glitzern. Leider war das Licht bei uns nicht richtig, aber eine kleine Tüte Sand habe ich mir trotzdem mitgenommen. In unmittelbarer Nähe des Meeres, das übrigens wunderschön blau ist, liegt ein kleiner Süßwassersee mit grünem Wasser. Scheinbar weiß bis heute niemand mit Sicherheit, warum der „Smaragdsee“ genannte Tümpel grün ist, aber schön war es allemal. In’s Wasser selber ging es nicht. In der Sonne sind zwar 25 Grad, aber bei Wind und in Schatten wird es schlagartig 10 – 12 Grad gefühlt kälter und so war ich trotz des traumhaften Wetters die meiste Zeit über in T-Shirt und leichter Sportjacke unterwegs. Es ist Strand-Wander-Wetter, aber zum Schwimmen gehen war ich nicht verzweifelt genug. Der Winter in Irland ist ja auch nicht so dramatisch wie der in Deutschland oder Kanada…

Direkt im Anschluss ging es zu den Teufelshöhlen. Diese sind von außen betrachtet wenig teuflisch. Es sind Höhlen, die vom Meer durchspült werden, und von oben/außen besichtigt werden können. Teuflisch an ihnen ist wohl mehr das was passiert, wenn man an dieser Stelle ins Wasser fällt, denn die Kombination aus starken Strömungen und scharfkantigen Felsen dürfte die Lebenserwartung eines jeden Menschen recht drastisch senken. Wer nicht ertrinkt, wird durch einen guten Schubser vom Meer gegen die Felsen zerschmettert, was dann auch wieder Ertrinken zur Folge hat, wenn das gebrochene Körperteil nicht eh gerade der Schädel oder das Genick ist. Trotz allem war das Wasser aber an kaum einer Stelle schöner blau gefärbt und hier kam ich zum ersten mal mit der Arbeit von César Manrique in Kontakt.

Manrique, ein in mittlerweile verstorbener Künstler, der auf der Insel lebte und wirkte, hat sich dafür eingesetzt, einen Großteil der Insel als Naturschutzgebiet oder Weltkulturerbe zu erhalten. Viele Sehenswürdigkeiten der Insel gehen auf sein Konto, weil er sie für die Menschen begehbar gemacht hat und dabei immer darauf achtete, ein natürliches Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen der Besucher und den Gegebenheiten der Umgebung zu halten. In seinem bemühten Kampf, das Natürliche der Insel zu erhalten, schuf er nicht nur die geschützten und gesondert begehbaren Bereiche, sondern sorgte direkt und später indirekt dafür, dass auf Lanzarote keine Hochhäuser gebaut werden dürfen (eins gibt es, aber das war vorher schon da) und dass alle Häuser weiß gestrichen oder aus schwarzem Vulkangestein errichtet werden müssen, womit der visuelle Charme der Insel erhalten bleibt. Außerdem gibt es dank ihm eine maximale Menge an Schlafmöglichkeiten auf der Insel, womit dem Massentourismus, der viele der kanarischen Inseln heimgesucht hat, erfolgreich aufgehalten werden konnte. Natürlich gibt es trotz allem Touristen (ich bin ja auch da), aber es sind im Verhältnis wirklich wenige, was den Aufenthalt hier sehr angenehm und auch ein wenig amüsant macht, wenn meine Mutter mich auf einen „Haufen Touristen“ aufmerksam macht und dann da ganze 20 Menschen auf einem Haufen stehen.Zusätzlich findet man überall auf der Insel Skulpturen und von ihm gestaltete Häuser, aber dazu komme ich später.

Tag 2: Jameos ael agua

Am zweiten vollen Tag der Reise ging es in die Jameos ael agua, ein Höhlensystem, das von Manrique (der Name wird wohl noch öfter kommen) ausgebaut und gestaltet wurde.Die Höhlen waren natürlich schon vorher da. Das ganze System ist Kilometer lang und reicht bis weit ins Meer. Manrique hatte bestimmten Bereichen einfach nur ein wenig Form und Funktion gegeben, sodass sie für die Masse begehbar und für verschiedene Betreiber attraktiv wurden. So findet man auf verschiedenen Plattformen Bars und Cafés in denen man unter blauem Himmel entspannen kann, denn ein Großteil der Höhlen ist an diversen Bereichen nach oben hin offen, sodass es fast immer und überall hell und freundlich wirkt und selbst Menschen mit Raumangst einen Besuch der Höhlen überstehen könnte.

Problematisch wären wohl nur die beiden größten Höhlen. In der einen wurde eine Bühne, Soundsysteme und Sitzgelegenheiten geschaffen und nun kann man dort Konzerte und Aufführungen mit beeindruckender Akustik genießen. Die Fantastischen Vier haben ein ähnliches Konzept bei ihrem unplugged Konzert vor vielen Jahren in einer Höhle in Deutschland realisiert und da klang es wohl schon einzigartig. Hier findet sich ein alternativer Veranstaltungsort. Die zweite Höhle beherbergt einen See und dieser wiederum eine spezielle Art kleiner, blinder Albinokrebse, die man sonst nur in 1000 Metern Tiefe findet und von denen keiner weiß, was sie in dem Tümpel in der Höhle zu suchen haben, außer die Touristen zu unterhalten. Mein persönlicher Tipp wäre ja, dass sie blind irgendwo falsch abgebogen sind und sich dann durch das Höhlenssystem in den See gearbeitet haben.

Insgesamt ist die ganze Anlage aber ein Highlight. Man findet blauen Himmel, steile rote, schwarze und graue Felswände, Palmen und andere grüne Pflanzen und weißen Winz-Krebse und das ganze fügt sich zu einer kleinen, dem Auge schmeichelnden Attraktion zusammen.

Den Rest des Tages wurde nach neuen Wohnungen für meine Mutter gesucht. Das war jetzt auch nicht schlimm und bei den Fahrten über die Insel konnte ich auch vieles sehen, aber besonders berichtenswert ist das nicht, weswegen ich hier und heute erst einmal abbreche und morgen weiter schreibe. Es sind eh schon 3,5 Seiten geworden (und es wurden erst 2,5 Tage beschrieben) und ich muss ja auch mal ins Bett, denn morgen/heute geht es mit dem Besichtigen weiter und dann kommen auch neue Bilder ins Album (bei Picasa, nicht bei Facebook – der Link ist ganz unten im vorherigen Text).

Habt bis dahin einen tollen Tag und viel Spaß und Freude am Leben.

Robert ist raus.

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