Mittwoch, 13. April 2011

Tag 407 – Kunst, halbnackte Frauen und ich

Ich mache mir nichts aus Striptease. BÄM! Das war mal ein Anfangsstatement. Klar bringt es mein Geschlecht mit sich, das Menschen bei so einer Aussage lächelnd mit dem Kopfnicken und „Ja, ja. Schon klar.“ sagen, bevor sie sich glaubwürdigeren Themen zuwenden, aber ich habe den Tease hinter dem Strip nie so wirklich begreifen können. Meine einzigen beiden Erfahrungen dieser Art stammten von zwei getrennten Geburtstagspartys, bei denen den Ehrengästen 10 Minuten Lapdance im Kreis aller Anwesenden (Männer und Frauen) geschenkt wurden und zusammengefasst war das ganze zwar sehr lieb gemeint, aber grausam anzusehen. Man stelle sich das liebste auf der Welt vor, was man gerne haben möchte (bei männlichen angetrunkenen Singles am Ende der Pubertät sind das halt Frauen – was für eine Überraschung) und das wird einem 15 Minuten lang direkt vor die Nase gehalten, ohne das man es anfassen darf und am Ende der Zeit geht das Licht an, es wird eingepackt und der Traum zerplatzt mit einem leises *Plop*. Das nenne ich nicht Tease, sondern Folter und ähnliche Erfahrungen kann ich auch kostenlos machen, indem ich ohne Geld durch eine Einkaufspassage laufe. Dem entsprechend habe ich 31 Jahre lang recht erfolgreich einen Bogen um jedes Etablissement schlagen können – Bis vor einer Woche, als Dr. Sketchy nach Cork kam.

Dr. Sketchy ist eine Veranstaltung, die in weiten Teilen der Welt statt findet und jetzt zum ersten mal auch ihren Weg in den Süden Irlands gefunden hat. Dabei geht es um Spaß, Alkohol, Muffins, Menschen, die auf einer Bühne Programm machen und sich im Laufe der Show immer weiter ausziehen und einen Haufen Zuschauer, die keine Kleenex, sondern Zeichenblöcke und Stifte in den Händen halten und die Darsteller(innen) so schnell und gut wie möglich auf Papier verewigen. Damit letzteres möglich ist, posierten die Menschen auf der Bühne in immer länger werdenden Sessions in allen möglichen Posen und am Ende jeder Runde wurde die schönste Zeichnung mit einem Tequila oder einem Muffin (frei nach Wahl) belohnt. Da das ganze trotz Ab-18-Begrenzung bis auf einige Witze jugendfrei blieb, Publikum und Darsteller aus Vertretern beider Geschlechter bestanden und man fast schon zum Klatschen, Jubeln und Pfeifen gezwungen wurde (es wurde am Anfang der Show extra geübt), wenn Hüllen fielen, war das ganze innerhalb der 3 Stunden großer Spaß und die 15 Euro Eintritt durchaus wert. Vor allen Dingen war es aber eins: Beeindruckend. Als es in der ersten Runde hieß „So, die 4 (Menschen) halten ihre Posen jetzt für eine Minute und wechseln dann.“ ging mein Arsch auf Grundeis, weil ich vielleicht schön, aber garantiert nicht schnell zeichne und ich mir kaum vorstellen konnte, dass man in 60 Sekunden mehr als ein hübsches Strichmännchen hin bekommt. Aber die Menschen rund um mich herum haben Kohle und Marker herausgeholt und sind da in einer Geschwindigkeit am Werke gewesen, die mich die Menschen auf der Bühne beinahe hätte vergessen lassen und an einigen Punkten hätte ich lieber den Zeichnern über die Schulter geguckt, statt mich selber abzumühen. Aber ich hab tapfer durchgehalten und Seite für Seite mit Zeichnungen gefüllt, in der Hoffnung auch einen Muffin zu gewinnen. Erfolglos wohlgemerkt, was aber auch nicht schlimm ist. Zum Ausgleich hatte ich nach den 3 Stunden das Gefühl alles und jeden innerhalb von 20 Minuten portraitieren zu können, wenn mein Opfer nur lange genug still hält. Ob das stimmt werde ich so schnell wohl nicht herausfinden, aber die Idee war nett.

Heute habe ich es dann zum ersten mal seit einem Jahr zu einem Drink&Draw Event geschafft, bei dem sich Menschen alle 14 Tage in einem Pub treffen und da dann reden, trinken und zeichnen und insgesamt eine gute Zeit haben. Das ganze findet leider immer an den Tage statt an denen ich arbeiten muss, weswegen ich im Regelfall nicht mitmachen kann, aber heute ging es aufgrund besonderer Umstände einmal und obwohl ich nichts Produktives zu Papier gebracht habe, hatte ich doch eine Menge Spaß und konnte wie beim Dr. Sketchys Event neue Leute kennen lernen, was immer wieder toll ist.

Ach ja. Sollte sich jemand fragen, warum ich hier ewig lange übers Zeichnen rede, aber seit gefühlten Ewigkeiten nichts mehr veröffentlicht habe: Am Sonntag haben so ziemlich alle meine Fineliner ihr Versprechen wahr gemacht und geschlossen den Dienst quittiert, sodass ich jetzt ein wenig auf dem Trockenen sitze, bis ich mir in Berlin neue kaufen konnte. Cork hat zwar auch Läden mit Künstlerbedarf, aber gute Fineliner sind hier nur sehr schwer zu bekommen und ich werde Freitag wohl erst einmal alle mir bekannten Läden in der Umgebung abklappern müssen, bis ich den einen Laden wiederfinde in dem ich mal einen annehmbaren Ersatz gefunden habe. Das mag über die Maßen anspruchsvoll klingen, aber nach einer Weile merkt man, dass Tinte nicht gleich Tinte und Stiftspitze nicht gleich Stiftspitze ist. Wie bei allem im Leben gibt es auch da feine aber wichtige Unterschiede und zum schlampig arbeiten ist mir die Zeit einfach zu schade. Immerhin ist sie ein begrenztes Gut.

Ansonsten gibt es in Cork nicht viel Neues. Der Frühling wird gaaanz langsam vom frühen Sommer abgelöst, mir geht es gut, der Job läuft, die Liebe nicht (ist wohl gerade in anderen Gefilden unterwegs) und damit hat es sich auch schon wieder. :-)

Morgen vor 99 Jahren ist die Titanic gesunken, um hier mal ein wenig Historie in den Text zu bringen, aber bevor ich jetzt anfange in der Wikipedia nach weiteren Ereignissen zu suchen, beende ich diesen Text hier, wünsche Euch allen eine tolle Restwoche und einen großartigen Frühling und verabschiede mich mit den üblichen 3 Worten:

Robert ist raus.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen