Mittwoch, 22. Juni 2011

Tag 475 – Von einer der auszog, das Fürchten zu sammlen

Die letzten Tage habe ich mich gedanklich mal ein wenig mit dem Thema „Angst“ und den verschiedenen Arten in denen sie vorkommt auseinander gesetzt. Das ganze hatte keine persönliche Ursache. Mir ist nichts schlimmes passiert und ich habe auch nicht schlecht geschlafen. Mein Leben ist nach wie vor schwer in Ordnung. Dennoch ist mir das Thema in den letzten Wochen immer wieder über den Weg gekrochen und gerade in den letzten Minuten vor dem Einschlafen war das Thema immer wieder ein gern gesehener Gast.

Alles fing damit an, dass Kerstin Klein der Facebook Zeichnergruppe zu der ich gehöre beigetreten ist und eine ungewöhnliche Frage an alle Mitgleider der Gruppe hatte: Sie sammelt auf ihrer Webseite (http://www.1q365a.com/) kleine einfache Skizzen und Zeichnungen von Menschen, die ihr sagen wovor sie Angst haben. Es geht dabei nicht darum Meisterwerke zu produzieren, sondern um die Ehrlichkeit der Aussage und wenn ich es richtig verstehe, versucht sie innerhalb eines Jahres 365 Antworten auf die Frage „Wovor habt Ihr Angst“ zu sammeln. Die Daten sind so anonym, wie der Einsender es gerne möchte und am Ende ist das ganze eine Gallerie der Furcht, die aber nicht schrecklich, sondern nur ehrlich und menschlich ist. Der Gedanke gefiel mir und so fing es an.

Kurz darauf erfuhr ich rein zufällig von dem Film „Life in a Day“ bei dem der Oscar-Preisträger Kevin Macdonald tausende Menschen auf der ganzen Welt am exakt gleichen Tag mit einer Videokamera in die Welt geschickt hat (ich glaube überall außer in Nord-Korea) wo sie filmen und berichten konnten was immer sie wollten. Der Tag war der 24.07.2010, der Tag an dem es auf der Loveparade in Duisburg zu 21 Todesfällen kam (was auf die Wahl des Datum natürlich keinen Einfluß hatte) und während man in dem Kinofilm, der aus den tausenden Amateurfilmen zusammengeschnitten wurde auch von diesem Ereignis Momente erlebt, geht es doch im großen und ganzen um die Welt und ihre Menschen und diesen einen Tag, der für jeden Menschen auf irgendeine Art etwas großartiges war, wenn er oder sie sich dazu entschlossen hat, ihn ein wenig bewusster zu erleben. Der Trailer sieht sehr toll aus und wenn ihn jemand sehen kann (hier läuft er nicht), hoffe ich auf den einen oder anderen Bericht.

Aber zurück zum Thema. Neben den Trailern gab es auch Filmausschnitte und in einem davon, den man hier sehen kann (http://www.spiegel.de/video/video-1131615.html) beantworten Menschen auch wieder die Frage, wovor sie Angst haben, was eine erstaunliche Bandbreite an Antworten, von banal über pauschel bis hin zu hinter- oder tiefgründig, zutage gefördert hat. Auch das gefiel mir.Vorletztes Wochenende waren wir innerhalb der Gruppe dann um Themen verlegen und so einigte man sich darauf, dass Kerstins Frage nach Skizzen an dieser Stelle ja einmal beantwortet werden könnte und so setzte ich mich dann ran und das folgende kam dabei heraus:



Fangen wir mit der Übersetzung an: „Oblivion“ bezeichnet das Vergessen als Nomen, nicht als Verb. Wenn ich ehrlich bin, ist es nicht meine größte Angst, denn ich bin weder mutig noch weise genug, mich meinem eigenen Raum 101 (aus George Orwells „1984“ – In Raum 101 lauert für jeden Gefangenen die für ihn individuelle furchtbarste Sache der Welt) zu stellen und so fing ich an über Dinge nachzudenken, die Menschen fürchten. Zuerst einmal sind da die offensichtlichen Phobien vor engen Räumen, Spinnen, dunklen Wäldern, Clowns, Vampiren und unzähligen anderen Dingen, die man als bedrohlich wahrnehmen, aber oftmals mit viel Anstrengung hinter sich lassen kann. Dann wäre da der Tod, der mit unserem instinktiven Überlebenstrieb natürlich nur schwer vereinbar, letztlich aber eine unausweichliche Konsequenz des Lebens ist. Und dann sind da jene Ängste, die über die Furcht vor dem eigenen Ableben hinausgehen und die Menschen alle vorher genannten Ängste überwinden lassen. Etwa die Angst vor Qualen am eigenen Körper, die Angst die eigene Ehre oder Würde zu verlieren, die Angst vor der Einsamkeit oder die Befürchtung, der Welt nach dem Tod nichts von sich hinterlassen zu haben und als Unbekannter im Mahlstrom der Geschichte unterzugehen. Letztgenannte Angst wollte ich mit meiner Zeichnung darstellen in der Bruno in einem schwarzen Strudel zu verschwinden droht, da sie zwar vermutlich primär in den Ländern der ersten Welt zu finden ist, die Menschen sich dort aber erstaunliche Mühe geben, ihr entgegen zu wirken. So werden Berge bestiegen, Romane geschrieben, Trophäen gesammelt, Macht, Ruhm und Reichtum angehäuft und Kinder in die Welt gesetzt. All das nicht immer, aber doch auch nicht selten, um eine Hinterlassenschaft bereitstehen zu haben, wenn der Sensenmann zum letzten Tanz bittet. Ganz besonders das Internet ist voll von Individualisten, die hoffen, auf diese Weise zu Ruhm zu kommen und in manchen Online Rollenspielen verbringen die Menschen mehr Zeit als im echten Leben, in der Hoffnung, dort einen Ruf aufzubauen, der sie nicht nur 3 Wochen, sondern ein ganzes Leben lang unvergessen macht. So gut wie nie von Erfolg gekrönt. Um diese Sorge ging es hier.

Ich persönlich mag das Bild sehr. Es war recht einfach und zeichnete sich beinahe von selber, weswegen es sehr schnell fertig war. Technisch ist daran auch nichts neues. Kurz vorskizziert, dann mit dem Pinsel nachgetuscht und dann mit Markern die Grautöne hinzugefügt. Fertig. Ich mag es, weil es für mich in sich stimmig ist und meiner Meinung nach mit einfachen Mitteln ein Gefühl transportiert. Das kann natürlich jeder anders sehen, aber so ist es halt meine Meinung.

Puh. Und jetzt ist es hier 7 Uhr und ich muss schnell ins Bett. Das nächste mal gibts wieder weniger Denkzeug und mehr von mir und bis dahin wünsche ich Euch tolle Tage, einen schönen Sommer und die besten Grüße an Euch alle,

Robert ist raus.

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